Montag, 8. Februar 2021

Schwarzmalerei (Februar 2021)

Mittlerweile ist es ja Standard – state of the art, wie der bewanderte Weltenbummler es ja gemeinhin ausdrückt -, dass bei Mietverträgen, Kreditbeantragungen und ähnlichen finanzrelevanten Aktionen ein Nachweis über die Solidität des Antragstellers beziehungsweise der Antragstellerin verlangt wird. Das ist sicherlich im durchaus berechtigten Interesse von Vermietern und Kreditgebern, um zumindest eine Grundversicherung zu haben, an die Miete zu kommen oder die Rückzahlung des geliehenen Geldes sicher zu stellen. Aber nun stelle man sich mal vor, ich lege meinem potentiellen Vermieter eine Gehaltsbescheinigung vor, in der alle Bereiche, die auf die Höhe meines monatlichen Einkommens schließen lassen, mit schwarzen Balken unkenntlich gemacht worden sind. Mein Hinweis, hier handle es sich um schützenswerte Daten eines nicht-öffentlichen Vertrages zwischen meinem Arbeitgeber und mir, einem Betriebsgeheimnis sozusagen, dieser Hinweis also wird meinen potentiellen Vermieter kaum beeindrucken und er wird das bewohnbare Objekt meiner Begierde flugs dem/der nächsten in der Warteschlange anbieten. Ähnliches wird mir sicherlich bei dem Kreditinstitut passieren, dem ich einen in relevanten Passagen geschwärzten Kaufvertrag über mein neues Häuschen vorlege. Oder bei einem Konsumentenkredit die Kreditauskunft mit dem Hinweis auf die Vertraulichkeit meiner jeweiligen Geschäftsbeziehungen verweigere. Das Häuschen oder die Wohnzimmereinrichtung kann ich mir aller Wahrscheinlichkeit nach abschminken.

Das findet ihr, liebe Leser, nun überhaupt nicht erwähnenswert, weil es ja schon eine Selbstverständlichkeit sein sollte, dass derjenige, der einem Geld oder Gut zur Verfügung stellt, das nun wirklich nicht ins Schwarze hinein machen muss. Aber halt. Da gibt es einen großen, wenn nicht gar riesigen Bereich, in dem diese Schwarzmalerei state of the art (s.o.) ist. Nehmen wie das letzte aktuelle Ereignis: Da wird von der Europäischen Union mit einem Pharmakonzern ein Vertrag über die Lieferung von Impfdosen gegen diese unselige Corona-Belästigung abgeschlossen, der Zahlungen in Milliardenhöhe vorsieht. Und nun kommt es zu Unstimmigkeiten über die Auslegung der Erfüllung dieses Vertrages. Den aber kennen nur Eingeweihte, die in Vertretung der europäischen Steuerzahler den Vertrag ausgehandelt hatten. Nach einigem Gezacker ist der Schuldner, also die Pharmafirma, die Geld bekommen, aber den Impfstoff noch nicht geliefert hat, bereit, den Vertrag dem Gläubiger, also dem europäischen Steuerzahler, zu zeigen, auf das die zahlende Öffentlichkeit sich ein Bild davon machen kann, was mit ihrem Geld denn da so passiert. Und was passiert? Überall da, wo es ans Eingemachte geht, Zahlungshöhe, Lieferfristen u.ä. sind statt Informationen schwarze Balken zu sehen. Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis wird uns als Begründung geliefert. Der Preis einer Ware, die vereinbarte Liefermenge und die zugesagten Lieferfristen sind also ein Betriebsgeheimnis? Dass zwischen zwei privaten Vertragspartnern eine solche Vertraulichkeit gegenüber der Öffentlichkeit besteht, ist ja durchaus nachvollziehbar. Wenn aber einer der Vertragspartner nun die steuerzahlende Öffentlichkeit selbst und damit der Finanzier ist, sollten ja eigentlich ganz andere Spielregeln gelten. Wer mit mir, dir und uns allen einen Vertrag abschließt, wo er ne ganz Latte Geld bekommt, muss mir, dir und allen anderen den Vertrag auf Nachfrage auch ungeschwärzt zeigen. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, also die Rezeptur des Impfstoffs, die Herstellungstechnologie, die Kalkulationsgrundlage u.ä., sind gemeinhin nicht Gegenstand eines Liefervertrages. Wer mit uns, vertreten durch beauftragte staatliche Verhandler, einen Vertrag abschließt, muss uns diesen bei Bedarf (den nicht der Lieferant bestimmt) ungeschwärzt zur Verfügung stellen. Und das betrifft alle öffentlichen (sic!) Verträge, vom Kauf von Schullaptops bis zum BER oder der gescheiterten (aber nicht weniger kostspieligen) Ausländermaut. Zumindest aber sollte eine Schwärzung immer gerichtsüberprüfbar sein.

Aber auf mich hört ja keiner.

Anmerkung
Und nun kommts: im obenstehenden Text ist in großer Zahl das generische Maskulinum verwendet worden. Bei allen Leserinnen, die sich deshalb von diesem Text nicht angesprochen fühlen, bitte ich um Verzeihung. Aber ich hasse Doppelpunkte mitten im Wort. Genauso wie die neuerdings eingeführte abgehackte, gendermäßig aber überkorrekte Sprechweise in Rundfunk und Fernsehen.