Hessen endlich mal wieder vorn, nachdem dieser Slogan des sozialdemokratischen Musterländles (ach nee, das ist ja ein anderer Dialekt) der Sechziger und Siebziger des letzten Jahrhunderts nach der „Machtübernahme“ durch die Christdemokraten doch etwas gelitten hat. Nun fragt sicher die geneigte Leserin und natürlich auch der ein oder andere Leser, wie ich denn dieses Land im Herzen von Europa (halt, schon wieder woanders geklaut) wieder in vorderer Reihe sehen kann. Gut, wir waren ganz weit vorn im Abrufen von persönlichen Daten durch hessische Polizeibeamte, um damit dann Drohschreiben rumzuschicken. Wir sind in Hessen auch ganz weit vorn im Bau von Autobahnen mit Oberleitungen. Gut (schon wieder), ist halt nur ein kleines Stück einer Autobahn zwischen Darmstadt und Frankfurt und das auch noch ohne Fahrzeuge mit Stromabnehmern. Oder hat jemand schon mal einen von diesen Hybrid-LKWs leibhaftig gesehen? Aber sieht lustig aus, wirkt ziemlich zukunftsorientiert und hat auch nur ein paar Millionen gekostet. Das macht den Sinn grüner Regierungsbeteiligung mal so richtig sichtbar.
Und nun auch noch das: Während die meisten Bundesländer fast immer auf Anweisung von Gerichten nach dem corona veranlassten close down dem geneigten Männervolk wieder den Besuch von Bordellen erlauben, fährt Hessen da eine ganz andere, fortschrittliche Linie. Statt die Prostituierten wieder den halsabschneiderischen Laufhausbetreibern auszuliefern, wo die Frauen täglich 150 Euro für ihr Verrichtungszimmer abdrücken müssen, ist – zumindest im Frankfurter Bahnhofsviertel – die Hotelzimmerprostitution nun State of the Art. Hat zwei positive Aspekte: das Zimmer kostet nur 50 Euro und die darbende Hotelerie-Branche hat wieder ein (Teil-)Auskommen, das sie laut FR-Report auch noch mit 20 Euro je Männerbesuch aufhübschen. Vernachlässigt wird bisher nur leider ein schlüssiges Hygienekonzept. Da gibt’s noch Arbeit für unseren grünen Gesundheitsminister. Und für die Frauen muss noch die Kundenanmache geklärt werden, weil die aufgrund der Sperrgebietsverordnung ja auf den Fluss-Straßen des Bahnhofsviertels verboten ist. Da gibt’s also noch einiges zu tun, um Hessen auch auf diesem Gebiet wirklich nach vorne zu bringen.
***
Aber nicht nur solche tollen Erkenntnisse können wir nach dem Studium der heimischen Tageszeitung gewinnen. Aus einer kurzen Meldung über die fortwährende Diskriminierung von Homosexuellen und Transmenschen im Arbeitsleben, erfuhr ich, dass „fast ein Drittel dieser Menschen (…) vor Kollegen immer noch nicht offen mit ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität (umgehen)“. Nun muss ich allerdings enthüllen, dass in dem Betrieb, in dem ich mir derzeit ein kleines Zubrot verdiene, bisher niemand aus der Belegschaft auch nur ein einziges Mal mit seiner oder ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität offen vor mir oder den anderen Kollegen umgegangen ist. Inwieweit dies also Indikator für die unbestritten immer noch vorhandene Diskriminierung sein soll, müssen die Autoren der DIW-Studie dann doch mal genauer erklären.
***
Und dann noch neulich in der S-Bahn das: die Mitfahrerin schräg gegenüber zog die Maske vom Gesicht und nieste kräftig. Gut, immerhin in die Ellenbogenbeuge, aber irgendwie hat die gute Frau den Sinn mit der Maskerade wohl nicht wirklich geschnallt.