Mittlerweile ist es
ja Standard – state of the art, wie der bewanderte Weltenbummler es ja
gemeinhin ausdrückt -, dass bei Mietverträgen, Kreditbeantragungen und
ähnlichen finanzrelevanten Aktionen ein Nachweis über die Solidität des
Antragstellers beziehungsweise der Antragstellerin verlangt wird. Das ist
sicherlich im durchaus berechtigten Interesse von Vermietern und Kreditgebern,
um zumindest eine Grundversicherung zu haben, an die Miete zu kommen oder die
Rückzahlung des geliehenen Geldes sicher zu stellen. Aber nun stelle man sich mal
vor, ich lege meinem potentiellen Vermieter eine Gehaltsbescheinigung vor, in
der alle Bereiche, die auf die Höhe meines monatlichen Einkommens schließen
lassen, mit schwarzen Balken unkenntlich gemacht worden sind. Mein Hinweis,
hier handle es sich um schützenswerte Daten eines nicht-öffentlichen Vertrages
zwischen meinem Arbeitgeber und mir, einem Betriebsgeheimnis sozusagen, dieser
Hinweis also wird meinen potentiellen Vermieter kaum beeindrucken und er wird
das bewohnbare Objekt meiner Begierde flugs dem/der nächsten in der
Warteschlange anbieten. Ähnliches wird mir sicherlich bei dem Kreditinstitut
passieren, dem ich einen in relevanten Passagen geschwärzten Kaufvertrag über
mein neues Häuschen vorlege. Oder bei einem Konsumentenkredit die Kreditauskunft
mit dem Hinweis auf die Vertraulichkeit meiner jeweiligen Geschäftsbeziehungen
verweigere. Das Häuschen oder die Wohnzimmereinrichtung kann ich mir aller
Wahrscheinlichkeit nach abschminken.
Das findet ihr,
liebe Leser, nun überhaupt nicht erwähnenswert, weil es ja schon eine
Selbstverständlichkeit sein sollte, dass derjenige, der einem Geld oder Gut zur
Verfügung stellt, das nun wirklich nicht ins Schwarze hinein machen muss. Aber
halt. Da gibt es einen großen, wenn nicht gar riesigen Bereich, in dem diese
Schwarzmalerei state of the art (s.o.) ist. Nehmen wie das letzte aktuelle
Ereignis: Da wird von der Europäischen Union mit einem Pharmakonzern ein
Vertrag über die Lieferung von Impfdosen gegen diese unselige
Corona-Belästigung abgeschlossen, der Zahlungen in Milliardenhöhe vorsieht. Und
nun kommt es zu Unstimmigkeiten über die Auslegung der Erfüllung dieses
Vertrages. Den aber kennen nur Eingeweihte, die in Vertretung der europäischen
Steuerzahler den Vertrag ausgehandelt hatten. Nach einigem Gezacker ist der
Schuldner, also die Pharmafirma, die Geld bekommen, aber den Impfstoff noch
nicht geliefert hat, bereit, den Vertrag dem Gläubiger, also dem europäischen
Steuerzahler, zu zeigen, auf das die zahlende Öffentlichkeit sich ein Bild
davon machen kann, was mit ihrem Geld denn da so passiert. Und was passiert?
Überall da, wo es ans Eingemachte geht, Zahlungshöhe, Lieferfristen u.ä. sind
statt Informationen schwarze Balken zu sehen. Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis
wird uns als Begründung geliefert. Der Preis einer Ware, die vereinbarte
Liefermenge und die zugesagten Lieferfristen sind also ein Betriebsgeheimnis?
Dass zwischen zwei privaten Vertragspartnern eine solche Vertraulichkeit
gegenüber der Öffentlichkeit besteht, ist ja durchaus nachvollziehbar. Wenn
aber einer der Vertragspartner nun die steuerzahlende Öffentlichkeit selbst und
damit der Finanzier ist, sollten ja eigentlich ganz andere Spielregeln gelten.
Wer mit mir, dir und uns allen einen Vertrag abschließt, wo er ne ganz Latte
Geld bekommt, muss mir, dir und allen anderen den Vertrag auf Nachfrage auch
ungeschwärzt zeigen. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, also die Rezeptur des
Impfstoffs, die Herstellungstechnologie, die Kalkulationsgrundlage u.ä., sind
gemeinhin nicht Gegenstand eines Liefervertrages. Wer mit uns, vertreten durch
beauftragte staatliche Verhandler, einen Vertrag abschließt, muss uns diesen
bei Bedarf (den nicht der Lieferant bestimmt) ungeschwärzt zur Verfügung
stellen. Und das betrifft alle öffentlichen (sic!) Verträge, vom Kauf von
Schullaptops bis zum BER oder der gescheiterten (aber nicht weniger
kostspieligen) Ausländermaut. Zumindest aber sollte eine Schwärzung immer
gerichtsüberprüfbar sein.
Aber auf mich hört
ja keiner.
Anmerkung
Und nun kommts: im obenstehenden Text ist in großer Zahl das generische
Maskulinum verwendet worden. Bei allen Leserinnen, die sich deshalb von diesem
Text nicht angesprochen fühlen, bitte ich um Verzeihung. Aber ich hasse
Doppelpunkte mitten im Wort. Genauso wie die neuerdings eingeführte abgehackte,
gendermäßig aber überkorrekte Sprechweise in Rundfunk und Fernsehen.