Freitag, 1. April 2022

Homo homini lupus (April 2022)

„Nun sind sicher beide Sätze wahr: Der Mensch ist ein Gott für den Menschen, und: Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen; jener, wenn man die Bürger untereinander, dieser, wenn man die Staaten untereinander vergleicht. Dort nähert man sich durch Gerechtigkeit, Liebe und alle Tugenden des Friedens der Ähnlichkeit mit Gott; hier müssen selbst die Guten bei der Verdorbenheit der Schlechten ihres Schutzes wegen die kriegerischen Tugenden, die Gewalt und die List, d. h. die Raubsucht der wilden Tiere, zu Hilfe nehmen.“ (Thomas Hobbes, Lehre vom Bürger).

Eigentlich befassen sich meine Meckereien ja zumeist mit dem im ersten Satz idealisierten menschlichen Miteinander, das in ihrer Suche nach Gottähnlichkeit doch immer wieder absurde, abenteuerliche und auch abschreckende Brüche erfährt. So wollte ich denn auch diesmal wieder über so nette Absonderlichkeiten schreiben wie jene stolze Wissenschaftlerin, die uns allabendlich kurz vor der analogen Primetime von ihrer 25 Jahre zurückliegenden Entdeckung berichtet – dem Wunder der Darmbakterien, dem sie fortan ihre ganze Kraft widmet und mit ihrem Wundermittel omnibiotic den Kassenschlager in deutschen Apotheken gelandet haben will. Oder jene beiden begnadet untalentierten jungen Frauen – die Verwendung der Bezeichnung Schauspielerinnen verbietet der Respekt vor der seriösen Berufsgattung -, die in eindringlicher Weise die künstliche Verdunkelung der eigenen Hautfarbe preisen, so ganz ohne Urlaub, aber mit viel Allzweckchemie Hyaluron.

Wobei sich da schon die nächste Frage aufdrängt: ist die künstlich oder auch an südlichen Meeresstränden natürlich erzwungene Hautbräunung nicht vielleicht doch eine kulturelle Aneignung mit ähnlich rassistischem Hintergrund wie die Dreadlocks eines blütenweißen Bandmitglieds, das nun seine gesangliche Unterstützung des ach so zukunftsorientierten Hannoverschen Ablegers von fridays for future nur noch mit geschnittener Kurzhaarfrisur kundtun darf.

War vor fünfzig Jahren in der Abgrenzung zu den Herrenvolkideen unserer Väter und natürlich auch Mütter, die mit zum Teil absurden Beschreibungen äußerlicher Unterschiedsmerkmale ihre arische Vorherrschaft zu begründen suchten, gerade die Aneignung von Sitten, Gebräuchen, Äußerlichkeiten von anderen Kulturen die Triebfeder internationaler Solidaritätsbewegungen. Also ein eher integratives Element und somit das Gegenteil von der zuvor herrschenden strikten Diversität.

 Über das alles und noch viel mehr wollte ich eigentlich meckern. Über den inflationären Gebrauch der Begriffe Rassismus und Faschismus, der seinen widerlichen Höhepunkt in der Verwendung des „Judensterns“ bei den Querdenkern fand. Getoppt jetzt nur noch von jenem Wolf in Menschengestalt, der dem zweiten Satz der anfangs zitierten Hobbesschen Aussage das Futter liefert. Und so wird dann angesichts dieser dramatischen Entwicklung in der Mitte Europas ein Meckern über gendergerechtes Sprechen, wie ich es mir diesmal eigentlich vorgenommen hatte, doch wirklich zweitrangig. Denn gendern heißt nun mal wieder, dass hauptsächlich junge Männer verheizt und Frauen und Kinder zur Flucht gezwungen werden.

Doch Ede oder besser Wladi, dem großen böse Wolf, der in der Mythologie von Grimms Märchen bis zum Comic arme unschuldige Schweinchen, Zicklein und auch Großmütter zu verspeisen sucht, sei gesagt, dass es in all diesen Geschichten nicht wirklich gut für ihn ausging. Aber vielleicht ist das doch alles nur ein Märchen.

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